Hannes Eckert, Joachim Kleinmanns und Holger Reimers: Denkmalpflege und Bauforschung. Aufgaben, Ziele, Methoden. Empfehlungen für die Praxis.
Hg. von Fritz Wenzel und Joachim Kleinmanns. Sonderforschungsbereich 315, Universität Karlsruhe.
Karlsruhe 2000.

ISBN-Nr. 3-934540-03-1


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1

Denkmalpflege

3

Denkmale erkennen: Artefakt und Dokument, Monument und Kunstwerk

4

Denkmalwerte: Gebrauchswert, Zeugniswert, Erinnerungswert, Erlebniswert

6

Die Kategorien des Baudenkmals: Funktion, Form, Material, Bautechnik

10

Wandlungsprozess des Bauwerkes

14

Der Umgang mit dem alten Bauwerk: Ein historischer Prozess

1800 bis 1820/30: Altertümer als Monumente der Geschichte

16

1820/30 bis 1850/1860: Altertümer zur vaterländischen Identifikation

18

1850/60 bis 1890: Das Denkmal als historische Bühne

24

1890 bis 1918: "Der moderne Denkmalkultus"

30

1918 bis 1933: Das Denkmal als rationales Geschichtsmodell

36

1933 bis 1945: Das Denkmal als nationales Geschichtsmodell

42

1945 bis 1968: "Schöpferische Denkmalpflege"

54

1968 bis 1980: Kulturgeschichtliche Denkmalpflege

60

1980 bis 1990: Denkmalpflege als "Politikum"

66

Denkmalschutz: Empfehlungen, Übereinkommen, Gesetze

72

Denkmale erfasse: Inventarisation

78

Bauforschung

83

Grundlagenforschung: Historische Bauwerke kennenlernen, vergleichen und verstehen

84

Angewandte Bauforschung: Ein historisches Bauwerk kennenlernen, verstehen und erklären

85

Befunderhebung: Das Denkmal kennenlernen

86

Informationen über das Bauwerk

88

Sprach- und Schriftquellen erfassen und auswerten

90

Bildquellen erfassen und auswerten

91

Dokumentation der Quellen

92

Quellenkritik

93

Beobachtungen am Bauwerk: Das Bauwerk als Quelle

94

Baubeschreibung: Begriffliches Erfassen des Bauwerkes

96

Ordnungssystem

97

Strukturelle Baubeobachtung

98

Raumbuch: Aufnehmen der Raummerkmale

99

Bauaufnahme: Abbilden des Bauwerkes

102

Abbildungsumfang und Abbildungsgenauigkeit

103

Qualitatives Abbilden: Räumlich-konstruktive Merkmale

104

Quantitatives Abbilden: Räumlich-konstruktive Zusammenhänge

106

Festlegen der Abbildungsebenen

108

Meßsysteme

110

Manuelle Verfahren: Punktuelles Abtasten

112

Maschinelle Verfahren: Lineares Abbilden

114

Abbildungen und Pläne archivieren und weiterverwenden

116

Eingriffe in das Bauwerk: Materialuntersuchung

118

Zieldefinition für den Eingriff: Zwischen Substanzverlust und Erkenntnisgewinn

120

Zieldefinition für den Eingriff: Auswahl behutsamer Verfahren

121

Schichtenfolge klären: Sondage

122

Schichtenfolge klären: Freilegung

123

Materialkundliche Untersuchungen: Altersbestimmung

124

Materialkundliche Untersuchungen: Chemisch-physikalische Baustoffeigenschaften

125

Auswertung der Befunde: Das Bauwerk verstehen

126

Befunde ordnen: Synoptische Listen

128

Befunde ordnen: Baualterspläne

130

Bauphasen darstellen: Ergebnisbericht

132

Bauphasen darstellen: Visualisieren der Bauphasen

133

Vermittlung des Bauwerks als Geschichtszeugnis

134

Wissen weitergeben: Das Bauwerk vorstellen

136

Wissen weitergeben: Das Bauwerk erklären

137

Zeugnisse erhalten: Bewahren der Erkenntnisse

138

Zeugnisse erhalten: Bewahren der Geschichtsquelle

140

Konzepte

143

Der Umgang mit dem historischen Bauwerk: Erhalten, Planen, Eingreifen

144

Erhaltungswürdigkeit: Wissenschaft, Kunst und Heimatgeschichte

146

Erhaltungsfähigkeit: Bauzustand, Bauentwicklung und Zumutbarkeit

148

Sechs Konzepte zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

150

Alternlassen: Ein umstrittenes Konzept

152

Pflegen: Sich einer Sache annehmen

154

Konservieren: Das Credo des 20. Jahrhunderts

156

Reparieren: Zwischen Instandhalten und Instandsetzen

158

Erneuern: Vom Renovieren bis zum Sanieren

160

Rekonstruieren: Zwischen Restaurieren und Kopieren

162

Umsetzung in die Praxis: Respekt, Zeitgeist, Behutsamkeit

164

Anhang

167

Anmerkungen

168

Literatur

189

Adressen

206

Bildnachweis

212

Dank

213

Autoren

213


S. 84:

Grundlagenforschung

Historische Bauwerke kennenlernen, vergleichen und verstehen

Aufgaben

Grundlagenforschung im Bereich der Baugeschichte stellt übergreifende Fragen verschiedenster Art zu einzelnen Merkmalen, Bautypen, Regionen, Epochen, uvm. Quellen (Dokumente, Bauwerke, Teile von Bauwerken) werden nach übergeordneten Fragestellungen zum Bauen ausgewählt. Bei der Grundlagenforschung steht der Erkenntnisgewinn im Mittelpunkt.1

Ziele

Das Ziel der Grundlagenforschung ist, das Bauen in verschiedenen Regionen und Epochen kennenzulernen.

Grundlagenforschung dient auch dazu, die Methodik des Untersuchens weiterzuentwickeln.

Mit der Erforschung von Bauwerken und anderen ergänzenden Informationsquellen sollen umfassende Erkenntnisse über die Geschichte des Bauens unter Betrachtung der vier Kategorien - Funktion und Form, Material und Bautechnik - gewonnen werden.

Grundlagenforschung schafft die Grundlage für die baugeschichtliche Bewertung einzelner Bauwerke.

Methoden

Die Methoden der Grundlagenforschung lassen sich in eine Folge von Schritten gliedern, die aufeinander aufbauend und einander ergänzend erarbeitet werden:

- Zunächst werden Fragestellungen entwickelt, die sich auf Bauwerke oder bauliche Phänomene im weitesten Sinne beziehen,

- anschließend werden die zur Beantwortung notwendigen Quellen (Dokumente, Bauteile, Bauwerke) ausgewählt und

- die geeigneten Methoden in Bezug auf die Fragestellung und auf die Quellen festgelegt;

- die Quellen werden im Hinblick auf die Fragestellung ausgewertet und

- die einzelnen Ergebnisse unter den Aspekten der Fragestellung miteinander verglichen, sowie

- abschließend der neue Erkenntnisstand in einem Bericht oder anderer geeigneter Weise vermittelt.

Auf dieser Grundlage lassen sich weitere Fragen ableiten, die anderen Wissenschaftlern als Forschungsimpulse dienen können.

Die Grundlagenforschung nutzt auch die Ergebnisse der angewandten Bauforschung und stellt deren einzelne Beobachtungen in einen größeren Zusammenhang. Geringerer Zeitdruck ermöglicht der Grundlagenforschung eine gründlichere Arbeit als der angewandten Bauforschung, denn das Forschungsziel ist nicht an einer Baumaßnahme orientiert.

S. 85:

Angewandte Bauforschung:

Ein historisches Bauwerk kennenlernen, verstehen und erklären

Aufgaben

Die angewandte Bauforschung beschäftigt sich im Gegensatz zur Grundlagenforschung mit einzelnen Bauwerken, an denen bauliche Veränderungen beabsichtigt sind.2 Das Bauwerk wird nach Fragestellungen untersucht, die von den beabsichtigten Veränderungen ausgehen und den weiteren Umgang mit dem Bauwerk beeinflussen sollen.

Ziele

Vorrangiges Ziel ist es, eine Arbeits- und Entscheidungsgrundlage für einen bewussten Umgang mit dem historischen Bauwerk zu schaffen. Dafür ist es notwendig, das bestehende Bauwerk in seinen Eigenschaften kennenzulernen:

- Dies betrifft das Baugefüge in allen Aspekten von Funktion und Form, Material und Bautechnik und

- seine Entwicklung von der Herstellung über Umbauten und Reparaturen bis zu seinem heutigen Zustand.

Die historische Bedeutung des Einzelbauwerks soll auf dieser Grundlage im Rahmen der Baugeschichte beurteilt werden können. Der Gebrauchswert ist Gegenstand ingenieur- und wirtschaftswissenschaftlicher Untersuchungen. Die Erinnerungs- und Erlebniswerte, auf der Grundlage historischer Erkenntnisse, unterliegen politisch-gesellschaftlicher Diskussion.

Methoden

Die Methoden der angewandten Bauforschung umfassen drei Schritte, die aufeinander folgen:

Die Befunderhebung ermöglicht das Kennenlernen des historischen Bauwerks: durch das Sammeln von Informationen über das Bauwerk, durch das Beobachten des Bauwerks selbst und durch das Eingreifen in seine Substanz im begründeten Einzelfall.

Die Auswertung der Befunde führt zum Verstehen des historischen Bauwerks. Dazu werden die angesammelten Informationen aus der Befunderhebung systematisch zeitlich eingeordnet. Dieser Überblick mündet in ein Bild der Baugeschichte des Gebäudes.

Mit der Vermittlung der Befunde wird den Beteiligten, von den Eigentümern bis zu den Baufachleuten, und der Öffentlichkeit das historische Bauwerk als Geschichtszeugnis erklärt.

Angewandte Bauforschung bedarf der Grundlagenforschung, um die Einzelbeobachtungen in einen größeren Zusammenhang einordnen zu können und erweitert mit ihren Ergebnissen deren Wissensstand.


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